AG Braunschweig zur sekundären Darlegungslast beim Filesharing

Das AG Braunschweig hat sich im Rahmen einer weiteren Entscheidung (Urt. v. 2.3.2015, Az. 114 C 1927/14) zur Darlegungs- und Beweislast in Filesharing-Prozessen geäußert. Zugrunde lag ein Verfahren, in dem der „Tausch“ eines Filmes („Zombieworld“) thematisiert wurde. Das Amtsgericht Braunschweig hat die gegen den Inhaber des Internet-Anschlusses gerichtete Klage abgewiesen. Aus den Entscheidungsgründen:

Es spricht keine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Beklagten.

Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss nutzen können; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde, so wie hier (BGH, Urteil vom 08.01.2014, I ZR 169/12 Rn. 15).
lnsoweit trifft den Beklagten allerdings als lnhaber des Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast, der er jedoch genügt hat. Der Anschlussinhaber genügt dieser sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu dem  Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, a.a.O., Rn. 18).
Dieser sekundären Darlegungslast hat der Beklagte dadurch entsprochen, dass er
vorgetragen hat, dass neben ihm auch die in seinem Haushalt lebende Ehefrau sowie die damals sechzehn und vierzehn Jahre alten Kinder zum fraglichen Zeitpunkt Zugang zum PC und zum lnternet gehabt haben. Unter diesen Umständen ist es wieder Sache der Klägerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und zu beweisen (BGH, a.a.O., Rn. 20). lnsoweit hat die Klägerin die  Familienangehörigen des Beklagten als Zeugen dafür benannt, dass diese keinen Zugang zum Internet hatten und als Täter nicht in Betracht kommen.
Die Vernehmung der Zeugen hat diese Behauptung nicht zur Überzeugung des Ge-
richts bestätigt. (…)
Danach ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Beklagte selbst die Verletzungshandlung begangen hat. (…)

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der durch Abmahnung entstandenen Kosten der Rechtsverfolgung.
Für einen solchen Anspruch müsste der Beklagte zwar nicht Täter sein, wohl aber als Störer in Anspruch zu nehmen sein. Eine Haftung als Störer liegt vor, wenn der Störer bei der Verletzung absoluter Rechte willentlich zu einer adäquat kausalen Verletzung beigetragen hat (BGH, a.a.O., Rn.22).
Ob und inwieweit dem Störer als in Anspruch genommenen eine Verhinderung der
Verletzungshandlungen Dritter zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGH, a.a.o., Rn.27).
Vorliegend konnte von dem Beklagten durchaus erwartet werden, dass er seine zur
Tatzeit noch nicht volljährigen Kinder über die Gefahren der Internetnutzung aufklärt und ihnen die Teilnahme an Tauschbörsen untersagt.
Dem ist der Beklagte ausweislich seiner Angaben aber auch nachgekommen. Zudem haben die beiden Kinder des Beklagten in der Beweisaufnahme auch glaubhaft bestätigt, aufgeklärt gewesen zu sein. Beide Kinder haben auch nachvollziehbar geschildert, dass ihnen die Nutzung untersagt war und sie keinen Zugriff auf das Passwort hatten.
Der Beklagte hat weiter angegeben, auch für eine Sicherung des WLAN und eine Sicherung des Internetanschlusses selbst durch entsprechende Passwortvergabe gesorgt zu haben und das Passwort auch zwischenzeitlich verändert zu haben. Weitere  Pflichten können dem Beklagten zumindest solange nicht auferlegt werden, wie keine konkreten Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Nutzung bzw. eine rechtswidrige  Teilnahme an Internettauschbörsen bestehen.
(AG Braunschweig, Urt. v. 2.3.2015, Az. 114 C 1927/14)

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