Mit Urteil vom 1.4.2015 hat das AG Braunschweig eine Filesharing-Klage abgewiesen (Az.: 121 C 2223/14). Geltend gemacht wurden Schadensersatzansprüche aus einem gemutmaßten „Tausch“ eines Filmes. Dabei orientiert sich das Gericht zurecht an den auch vom BGH (Az. I ZR 169/12 – BearShare) aufgestellten Grundsätzen zur Prüfung einer Täter- oder Störerverantwortlichkeit.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz und Ersatz der ihr entstandenen Kosten für Abmahnungen aus § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG oder § 823 Abs. 1 BGB bzw.
§ 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG in der im Jahr 2010 geltenden Fassung.
1.
Der Klägerin ist es nicht gelungen, zur Überzeugung des Gerichts zu beweisen, der Beklagte am 06.02.2010 gegen 11:04 Uhr durch Filesharing den Film ,,Warrior
Fighter“ heruntergeladen und dadurch gleichzeitig anderen Nutzern zum Kopieren
angeboten hat.
Es spricht keine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Beklagten.
Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss nutzen können; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde, So wie hier (BGH, Urteil vom 08.01.2014, I ZR 169/12 Rn. 15).
lnsoweit trifft den Beklagten allerdings als lnhaber des lnternetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast, der er jedoch genügt hat. Der Anschlussinhaber genügt der sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und ggf‘.
welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu dem Internetanschluss hatten oder als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, a.a.O., Rn. 18).
Dieser sekundären Darlegungslast hat der Beklagte dadurch entsprochen, dass er vorgetragen hat, dass neben ihm selbst auch seine im Haushalt lebende Ehefrau zum fraglichen Zeitpunkt berechtigten Zugang zu dem PC und auch zur Internetnutzung gehabt habe.
Unter diesen Umständen ist es wieder Sache der Klägerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung entsprechenden Umstände darzu-
legen und zu beweisen (BGB, a.a.O., Rn. 20).
Die Klägerin hat insoweit indes ausdrücklich auf die beantragte Vernehmung des Beklagten und auch auf die Benennung weiterer Zeugen verzichtet. Danach ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Beklagte selbst die Verletzungshandlung begangen hat. Es ist vielmehr ebenso gut möglich, dass es seine Ehefrau war.
Im vorliegenden Fall kommt noch hinzu, dass der Beklagte vorgetragen hat, dass es
im Jahr 2010 zu Sicherheitslücken bei dem verwendeten Router gekommen sei, die erst im Jahr 2011 bekannt geworden seien. Diese Darstellung ist ebenfalls nicht bestritten worden. Aus diesem Grund ist auch ein gänzlich anderer Sachverhalt, nämlich das Ausnutzen der Sicherheitslücke durch Dritte, vorgetragen und denkbar.
2.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der durch die Abmahnung entstandenen Kosten der Rechtsverfolgung.
Nach den vorangegangenen Ausführungen ist der Beklagte nicht Täter einer Rechtsverletzung. Er ist auch nicht als Störer in Haftung zu nehmen. Eine Haftung als Störer tritt bereits dann ein, wenn der Störer bei der Verletzung absoluter Rechte willentlich zu einer adäquat kausalen Verletzung beigetragen hat (BGH, a.a.O., Rn. 22).
Ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen eine Verhinderung der jeweiligen Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich dabei nach den
Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGH, a.a.O., Rn. 27).
Dabei besteht zunächst keine Verpflichtung des Beklagten, volljährige Familienangehörige, wie die Ehefrau, die ebenfalls als Täterin der Urheberrechtsverletzung in Betracht kommt, über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen oder von sonstigen Rechtsverletzungen im lnternet zu belehren und ihnen die Nutzung des Internetanschlusses zur rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen oder zu sonstigen Rechtsverletzungen im lnternet zu verbieten, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche Nutzung bestehen (BGH, a.a.O., Rn. 24). Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte hätte vorgewarnt sein müssen, beispielsweise durch den Eingang von Abmahnschreiben in der Vergangenheit, sind klägerseits nicht vorgetragen worden.
Aufklärungsbedürftige Kinder, die Zugang zum Internetanschluss gehabt hätten
und aufgrund ihres Alters bereits in der Lage gewesen wären, einen Rechner
zu bedienen, waren zur zeitder Urheberrechtsverletzung unstreitig nicht vorhanden.
Vorliegend konnte von dem Beklagten daher nur erwartet werden, dass er ausreichende Sicherungsmaßnahmen vornimmt. Dem ist der Beklagte ausweislich seiner eigenen Angaben aber auch nachgekommen. Insoweit hat er über seinen Rechtsanwalt ausführen lassen, ein aus einer Zahlen- und Buchstabenkombination bestehendes Passwort vergeben und außerdem das WLAN mit einer WPA2-Sicherung versehen zu haben.
Die Klägerin hat diesen substantiierten Vortrag nicht mehr bestritten und ausdrücklich
auch keinen Beweis für einen Verstoß gegen mögliche und zumutbare Sicherungsmaßnahmen angeboten.
Mangels konkreter Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Nutzung bzw. eine rechtswidrige Teilnahme an Internettauschbörsen war der Beklagte zu weitergehenden Sicherungsmaßnahmen nicht verpflichtet.